Architektur

Das von Hille/Franken Architekten entworfene Brauhaus “Goldener Engel” interpretiert mit narrativer, parametrischer Architektur die Brauhaustradion neu und steht im Spannungsfeld zwischen dem Erhabenen der Sakralarchitektur und dem Profanen der Braukultur, gleichzeitig zwischen Tradition und Moderne.
Schon das am anderen Rheinufer gelegene Kloster Eberbach verfügte über ein aus der Barockzeit stammendes Brauhaus, welches eher an ein Kirchenschiff als an eine Fabrikationstätte denken lässt.

Das Raumprogramm des Brauhauses wird V-förmig in einem kontinuierlichen Fassadenband um einen Innenhof aneinandergereiht. Schlitze in dieser Fassade werden nach einem regelbasiertem Prozess platziert und als Reminiszens an die lokale Bauweise durch massive Gewände eingefasst. Die Fassade kann als Partitur eines Musikstücks gelesen werden, in dem die Tonhöhe durch die Schlitzhöhe, die Tonlänge durch die Schlitzbreite und der Rhythmus durch die Schlitzabstände definiert wird. Hier schließt sich der Kreis zu den antiken Tempeln in Athen, deren Säulenordnung nach harmonischen Prinzipien konzipiert wurde und zu den Fassaden der Renaissance nach Zahlenproportionen bei Alberti. Die Wandgestaltung variiert von der vollflächigen Schließung über die Lochfassade bis zur Säulenarkade. Die Gewände erzeugen durch ihr Spiel von Licht und Schatten und ihre deckenhohe Ausbildung weitere Assoziationen zum Sakralbau. Der Innenhof wird zum arkadengesäumten Kreuzgang. Durch V-Form und perspektivische Öffnungen ergeben sich zahlreiche Durchblicke durch mehrere Fassadenebenen hindurch.

Die Inszenierung des Brauprozesses findet schon im Vorbeifahren über die durch Lichtschlitze sichtbar werdenden kupfernen Braukessel, als auch die Reihung der Edelstahllagertanks statt. Im Inneren sind alle Stationen des Brauprozesses von der Malzmühle auf der Galerieebene über das Sudhaus, die Lagerkessel bis zum Zapfhahn für die Besucher erlebbar. Die Sudkessel sind dabei durch einen zweigeschossigen Luftraum wie ein Altar besonders hervorgehoben.

Der Goldene Engel erreicht seine Stimmigkeit als ein Brauhaus nicht durch oberflächliche Zitate traditioneller Brauhäuser oder banale Anleihen an bierselige Klischees sondern durch die Nutzung der in der Tradition verwurzelten Verwandschaft von Orten der Transformation von Stofflichem und Feinstofflichem, der Nahrungsaufnahme und der Religionsausübung, der Mahlzeit und des Abendmahls.